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Erste Meisterschaft auf gesamtdeutschem Boden

Der Geisleder Motorsportclub schaffte als einziger "Ossi " den nahtlosen Übergang

Quelle: Thüringer Allgemeine – Eichsfelder Allgemeine vom 08.03.2014 von Silvana Tismer

Geisleden (Eichsfeld). Mehrere dicke Aktenordner türmen sich auf dem Tisch im Clubhaus des Motorsportclubs Geisleden. Akribisch nach Erscheinungsjahr geordnet, fein säuberlich getrennt, geben die gesammelten Zeitungsartikel und alten Programmhefte einen tiefen Einblick in die Chronik des Clubs, der in diesen Tagen sein 50-jähriges Bestehen feiern durfte.
Gern schmökert Hartmut Lerch, der Vorsitzende, in den alten Akten. " Doris Hildebrand aus dem Club hat diese Arbeit hier geleistet", lobt er. Ab 1989 sind hier alle Beiträge über die Vereinsarbeit erfasst. Und dass der Club die turbulenten Tage und Monate rund um den Fall der Mauer im November 1989 nicht nur überlebt, sondern wie ein Phönix aus der Asche zu großen Erfolgen aufgestiegen ist, das verdankt der Verein einigen weitblickenden Männern.
Albert Keppler war während der Umschwungzeiten der Vorsitzende der Geisleder Moto-Cross-Enthusiasten. Auch Hartmut Lerch war als ganz junger Mann schon eifrig mit dabei. Regelmäßig hatte der Club bereits zu DDR-Zeiten jedes Jahr einen Lauf zur DDR-Meisterschaft der Seitenwagen ausgerichtet. "Damals war es immer eine Ein-Tages-Veranstaltung, also nur Sonntags", erinnert sich Lerch. ´
Kaum war die Mauer gefallen, setzte sich der Vorstand zusammen - noch in den letzten Novembertagen 1989 - und zerbrach sich die Köpfe, wie es weitergehen sollte. "Eigentlich unfassbar", sagt Hartmut Lerch. Denn jeder hatte doch genug mit sich selbst zu tun, kaum jemand wusste, wie es weitergeht, wie sich die berufliche Zukunft gestaltet- all diese Fragen standen im Raum. Und doch machten sich die damaligen Vorstandsmitglieder rund um Albert Keppler Sorgen um den Fortbestand ihres Vereins.
Schnell war eine Idee geboren: Die umliegenden Motorsportclubs in Nordhessen und Südniedersachsen herauszusuchen und sie anzuschreiben, ob man sich nicht einmal treffen könnte, um eventuell eine Partnerschaft schließen zu können. Auch die örtlichen Vereine und das ganze Dorf sollten eingeladen werden. Die Einladung stieß auf eine solch hohe Resonanz, dass sich am 30. Dezember 1989 mehr als 300 Menschen aus nah und fern im Saal der Geisleder Gaststätte "Zur Linde" versammelten.
Die LPG hatte damals sogar ein Schwein spendiert. Unter den Gästen waren auch Abordnungen des Rallye-Touring-Clubs (RTC) Northeim und vom Motorsportclub Waldkappel. Mit diesen beiden Clubs konnte eine Partnerschaft geschlossen werden, die nicht nur bis heute anhält, sondern auch viele private Freundschaften hervorgebracht hat.
Aber das ist noch nicht alles. Am 29. Juli 1990 richtete der MSC Geisleden zum letzten Mal einen Lauf zur DDR-Seitenwagenmeisterschaft aus. Aber nicht, um dann die Türen zu schließen, sondern mit Unterstützung des RTC Northeim am 27. und 28. Juli 1991 in Geisleden als erster Verein im frisch wiedervereinten Deutschland, zur gesamtdeutschen Seitenwagenmeisterschaft zu zählen.

Hilfe kam vom RTC Northeim

"Solch einen nahtlosen Übergang hat kein anderer ostdeutscher Club geschafft", ist Hartmut Lerch noch heute den damaligen Verantwortungsträgern dankbar. Er hat sogar noch das alte Programmheft von 1991 in den Aktenordnern. Damals war sogar der Vizeweltmeister Michael Gahammer in Geisleden, der völlig überrascht vom Organisationstalent der Geisleder und begeistert von der Naturstrecke war. Heute noch ist Gahammer Pflichtkommissar beim Deutschen Motorsportbund und regelmäßig in Geisleden zu finden. Vor allem zu Beginn habe der RTC Northeim den Eichsfeldern unter die Arme gegriffen und die guten Kontakte bis in die obersten Gremien der Motorsportbehörden spielen lassen.
"Nur dadurch konnten wir zu dem werden, was wir sind und uns von Anfang an unseren guten Ruf verdienen, die hochwertigen Prädikatsläufe bekommen", sagt Lerch. "Es wäre sonst schwer gewesen, neu Fuß zu fasen." Gemeinsam mit dem Partnerclub konnte man auch im Jahr 1997 eine einmalige Sonderveranstaltung auf die Beine stellen. Einen Meisterschaftslauf der Soloklassen, zu dem die gesamte Weltelite anrückte - aus Südafrika, aus den USA, aus Finnland, Großbritannien und vielen weiteren Ländern.
Die Wende habe dem Club gutgetan, sagt Lerch. Denn ab 1986 habe es die damalige Führung den Vereinen sehr schwer gemacht, ihre Veranstaltungen aufrechtzuerhalten. "Es gab Reglements, die waren widersinnig. Beispielsweise musste die Strecke zehn Meter breit sein, aber rechts und links noch einmal je zehn Meter Platz. 30 Meter Streckenbreite konnte doch niemand umsetzen", erzählt Lerch.
Mit Hängen und Würgen, Kompromissen und Ideen zu festen Barrieren konnten die Geisleder ihr Rennen retten - und so ohne Schwierigkeiten nach dem Mauerfall die Strecke zur Verfügung zu stellen, da sie schon im "Großen und Ganzen den Anforderungen der ,gebrauchten Bundesländer entsprach", schmunzelt Lerch. Nicht zuletzt seien die Männer damals mit ihrer Weitsicht auch ein großes Stück mit dafür verantwortlich, dass nicht nur der Club selbst seinen 50. Geburtstag feiern durfte, sondern auch das Motocross selbst bis heute den besten Ruf in der Motocross-Szene genießt.

 

 

Hartmut Lerch, der Chef des Geisleder Motorsportclubs, erinnert sich an die ereignisreichen Tage 1989 und 1990, als die Weichen für den Club neu gestellt wurden. Und er schmökert gerne in alten Berichten. Foto: Silvana Tismer

 


Hier findet Ihr den Beitrag des MDR vom Renntag in Geisleden.
http://www.mdr.de/mediathek/suche/video195910_zc-485c01ae_zs-d23ba9ff.html

Ein Dank an die Mitarbeiter für den Beitrag.

 

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